Rock Times, März 1990

Der potentielle Beatle
MOONDOG



Moondog, alias Louis Hardin, ist eine lebende Legende: Der 73jährige Komponist, im Alter von 16 Jahren durch eine Dynamitexplosion völlig erblindet, lebte 30 Jahre lang in New York, wo er seine Gedichte und Kompositionen auf der 6th Avenue verkaufte. Seit 1975 arbeitete er im Ruhrgebiet, doch erst jetzt bahnt sich die Wiederentdeckung des Künstlers an - eine CD-Box mit älteren Aufnahmen wurde gerade wiederveröffentlicht.


RT: Wann werden einige Ihrer neuen Kompositionen aufgenommen?

Louis: "Ich bin immer bereit, es müßte sich nur eine risikofreudige Firma finden. Doch die meisten konzentrieren sich auf Popmusik, das ist sicherer. Erfolg ist eine merkwürdige Sache: Du kannst das ganze Lehen lang arbeiten, ohne bekannt zu werden, bist dann aber weise genug, mit der Popularität umzugehen. Oder der Erfolg kommt zu früh und Du wirst damit nicht fertig. Die meisten Popstars brennen deshalb so früh aus - nach ein paar Hits haben sie keine Ideen mehr und die Company verlangt immer mehr. Das ist dann das Ende."

RT: Paul McCartney soll geäußert haben, daß, wenn die Beatles noch einmal anfangen würden, Sie der Sänger sein sollten.

Louis: (lacht) "Oh mein Gott, was für ein Kompliment. Ganz zu Anfang hießen die Beatles "Johnny & The Moondogs", sie hatten mal was von mir gehört. Aber ich hätte nichts dagegen, ein Beatle zu sein." (lacht wieder).

RT: Hören Sie eigentlich Popmusik?

Louis: "So ganz kann man das wohl nicht vermeiden. Aber ich gebe mir Mühe, nicht hinzuhören. Doch ich höre mir überhaupt selten andere Musik an."


Dazu hat Hardin wohl auch keine Zeit, bisher hat er mehr als 1500 Werke komponiert - vom Einminutensong bis zur 9 1/2stündigen Sinfonie.