aus: from: Jazzpodium (Stuttgart) Nr.7/8 August 1994, p. 97

Ulfert Goeman
Album Review 'Sax Pax for a Sax'

Der blinde, am 26. Mai 1916 in Maryville, Kansas, als Sohn eines protestantischen Missionars und einer Lehrerin geborene Louis Hardin alias Moondog, ist eine Legende im Jazz und deren Grenzmusik, der ähnlich wie Hal Russell, La Monte Young oder Hermeto Pascoal in seinem hohen Alter wie ein Patriarch oder eine Leuchtfigur wirkt. 1943 kam er nach New York, begann als Autodidakt zu komponieren, nicht nur klassische Stücke, sondern auch solche für Charlie Parker und Janis Joplin. Auch auf der vorliegenden CD sind die jazzigsten Stücke zwei Kompositionen, die er für Charlie Parker ("Bird's Lament") und Lester Young ("Present for the Prez") schrieb. Ansonsten klingen die anläßlich Moondogs 75. Geburtstag 1991 in London mit dem Kern des Apollo Saxophone Quartetts auf Anregung des britischen Saxophonisten John Harle initiierten und zum 100jährigen Todestag des Saxophonkonstrukteurs Adolphe Sax 1994 realisierten 19 übrigen "Anlaufpunkte/ Kompositionen" eher klassisch bis poppig, seien es kleinste Ensembles bis an Urban Sax erinnernde große Saxophonchöre. Die Orchesterstücke, Suiten, Madrigale, klassischen Chaconnes bestechen aus sich selbst heraus durch ihre einfache Strenge, Reife und Überlegtheit, unterstreichen eindrucksvoll das, was Moondog selbst als "Zajaz" bezeichnet, eine Musik, die janusköpfig zwischen Improvisation und Komposition pendelt, dabei aber nie an Humanität einbüßt, sondern durch Einfachheit überzeugt. Moondog selbst ist es, der auf den Baßdrums den Rhythmus schlägt, der die Bläser federnd begleitet. Der rote Faden der Legende "Moondog" zieht sich von der Documenta in Kassel zum Stuttgarter Jazzgipfel 1992 bis zum 23. New Jazz Festival Moers 1994.