"jandro":
Kultische Trommelschläge
Moondog und The London Saxophonic in Salzburg
Mit streng strukturierten Kompositionen wartete am Donnerstag "The London Saxophonic" bei "Jazz im Theater" auf. Mit bis zu neun Saxophonen, zuweilen sparsam eingesetztem Schlagwerk und Tasteninstrumenten transformierte das Ensemble zeitgenössische Werke von symphonischer Komplexität so, daß sie ohne Anbiederung spritzig und unterhaltsam klangen. Die eigenen Stücke des "London Saxophonic" zeichneten sich nicht nur durch fein goutierbare Melodiosität aus, sie entwickelten im bewegten Klang, der stark an Klezmer und (osteuropäische) Volkstänze erinnerte, auch ein hohes Maß an treibender Energie.
Indem präzises, gewichtiges Arbeiten plötzlich federleicht erschien, bewies die Truppe erfrischend, daß musikalische Kopfarbeit eben nicht unbedingt eine darstellende Kunst ist; nicht zuletzt deshalb war "The London Saxophonic" eine würdige Begleitung für den Star des Abends, "Moondog". Schon die Biographie des 78jährigen blinden Musikers und Komponisten mit Rauschebart spricht Bände. Charlie Parker, Toscanini und Bernstein zollten ihm besonderen Respekt, und im Feuilleton taucht er immer wieder als "Erfinder der Minimalmusik" oder "Vorreiter der New-Age-Musik" auf.
Bei seinem Auftritt leitete er das Orchester als Meister der Zeremonie an: Entweder mit sparsamen Handzeichen oder mit einer riesengroßen Trommel gab er den monoton-präzisen Ton zu seinen Kompositionen vor, die leichtfüßig dahinrollenden Swing ebenso umfassen wie Jazzstandards und kontrapunktische Werke für Klavier. Mit Strenge und Präzision hielt sich der Meister an die kanonische Form der Tondichtung. Im monotonen Rhythmus führte er durch eine lange, reiche musikalische Lebensgeschichte wie durch ein kultisches Ritual.